Wir entschieden uns schließlich, zunächst in Europa bzw. Deutschland zu sein. Anfang November flog Renato nach Madrid, wo wir uns dann wieder getroffen haben.
Ich bin nach Valencia geflogen und konnte die Stadt in einem halben Tag erkunden, bevor ich mit einer Mitfahrgelegenheit nach Madrid gefahren bin. Dort angekommen, habe ich mich mit Inma wieder getroffen. Wir hatten uns vor mehreren Jahren kennen gelernt, als ich in der Nähe von Madrid einen kurzen Au Pair Einsatz hatte. Zur gleichen Zeit war auch ein weiterer Freund von ihr in der Stadt. Wir konnten eine tolle Nacht-Stadtführung von Inma genießen. Es war etwas überraschend, an wie wenig ich mich noch erinnern konnte…
Am nächsten Morgen habe ich Renato vom Flughafen abgeholt. Er hatte ein Hostel gebucht, leider nur für das falsche Datum… Grund war ein Denkfehler; Er ist zwar am 3. November abgeflogen, aber am 4. gelandet. Da das Zimmer nun schon mal für die Nacht davor bezahlt war, nutzten wir es noch bis zum Zeitpunkt des Check-outs zum Frisch machen und haben auch im Hostel gefrühstückt. Da dieses Hostel die folgende Nacht schon ausgebucht war, nutzten wir noch das Internet, um eine Bleibe für die folgende Nacht zu suchen. Wir haben etwas recht Günstiges bei airbnb gefunden. Es nannte sich Hostel, aber war irgendwie recht seltsam “eingerichtet”. Es standen darin wuchtige Schränke, die noch mit Büchern und Dokumenten gefüllt waren und die Doppelstockbetten wurden einfach davor gestellt. Wahrscheinlich trug dieser Ort auch ein wenig dazu bei, dass Renato zunächst erst Mal wieder einen Kulturschock hatte.
Wir schlossen uns einer Stadtführung an, die jemand von couchsurfing angeboten hat, um Kontakte in verschiedenen Ländern zu knüpfen. Mit Inma trafen wir uns noch mal zu einem Café und später mit einer interessanten Dame, die ich bei couchsurfing gefunden habe. Sie reiste bereits mit low-Budget und wir erfuhren etwas mehr darüber. Mit ihr und ihren Freunden waren wir in einer Art Kulturzentrum, wo diverse Musiker zu gange waren. Es war eine sehr alternative Einrichtung, die offensichtlich recht beliebt war. Denn als wir gehen wollten, war der Ein- bzw. Ausgang blockiert. Es wurde keiner mehr reingelassen und wir kamen somit für eine Weile auch nicht hinaus. Wir wurden dann bei einem Hinterausgang raus gelassen.
Wir hatten bereits eine Farm im Süden von Spanien gefunden, wo wir workaway machen können und da wir dort mindestens drei Wochen einplanen sollten, entschieden wir uns bei der Anreise in einigen Örtchen Halt zu machen, um diese kurz zu besichtigen. Größtenteils reisten wir mit Mitfahrgelegenheiten und immer fanden wir ein Zimmer über airbnb.
Unser erstes Ziel war Toledo. In den paar Stunden, die wir vor Ort hatten, konnten wir einen guten Überblick bekommen. Wir erhielten in unserer Unterkunft viele Informationen und auch Tipps. So erfuhren wir von einem Ort mit einer schönen Aussicht und welche Viertel besonders schön sind. Wir lauschten einem Musiker und unterwegs unterhielten wir uns mit einem älteren Herrn, der sehr viel über Toledo wusste und uns auch ganz stolz berichtete, dass dies in der Vergangenheit mal die Hauptstadt von Spanien war.
Gegen späten Nachmittag ging es mit einer Mitfahrgelegenheit weiter nach Cordoba. Hier bin ich dieses Mal in eine “Falle” getappt. Leider hatte ich ein Zimmer in Cordoba in Argentinien gebucht… Wir fanden zum Glück auch noch kurzfristig ein Zimmer, was direkt im Zentrum war. So gingen wir hier am Abend der Ankunft spazieren und am nächsten Tag erkundeten wir die Stadt weiter zu Fuß.
Am gleichen Tag ging es noch weiter nach Malaga, wo wir unseren bisher seltsamsten Gastgeber antrafen. Ein recht großer Mann mit russischen Akzent, der Künster ist. Seine Art war vermutlich nett gemeint, aber schüchterte doch eher ein. Wahrscheinlich machte er mit seinen bisherigen Gästen die Erfahrung, dass es nötig ist, alles ins Detail zu erklären. Er zeigte, wie man den Gasherd nutzt und bestand darauf, dass ich ihn vor seinen Augen anzünde. Er wollte auch sehen, dass ich in der Lage bin, die Tür aufzuschließen, nachdem er dies vorführte. Er betonte mehrmals, wie nett und großzügig er doch zu seinen airbnb-Gästen ist und vergewisserte sich mehrmals, ob wir zufrieden sind. Wobei seine Art und Weise nichts anderes als ein Ja zu lies. Eine Unterhaltung mit ihm war definitiv sehr unangenehm.
Wir folgten seiner Empfehlung und nutzten den restlichen Abend, um einen Hügel zu besteigen. Wie vorher auch, hatten wir den nächsten halben Tag, um durch die Stadt zu laufen.
Wir verliesen Malaga mit dem Bus und nun ging unser Workaway auf der Farm los. Mercé holte uns ab und brachte uns zur Farm. Erst jetzt wurde uns so richtig klar, dass wir die nächsten drei Wochen völlig abgeschieden verbringen werden. Das nächste Minidörfchen ist etwa 45 Minuten zu Fuß und der nächste Ort MIT kleinen Lebensmittellädchen vielleicht 1,5 oder 2 h – zumindest wenn man den Weg kennt… Wir sind einmal dorthin aufgebrochen und offensichtlich haben wir nicht den direkten Weg gefunden. Netter Weise wurden wir ein paar Mal von Mercé und ihrem Mann Alonsi mitgenommen, um andere nahegelegene Dörfchen zu erkunden. Meist nuzten wir diese Zeit, um einen wifi-Hotspot auszunutzen, da wir in der Farm kein Internet hatten.
Die Farm von Alonsi und seiner Frau Mercé bestand aus einem großen abschüssigen Grundstück mit einem Haus. Wir haben in einem Wohnwagen geschlafen. Im November ist das Klima hier im Süden Spaniens im Vergleich zu Deutschland sehr mild, trotzdem waren manche Nächte etwas frisch. An dem Haus waren Duschen und eine separate Küche mit Kamin, die wir für uns hatten. Da schon eine Weile vorher keiner mehr für die Unterstützung eingesetzt worden war, haben wir unsere Bereiche zunächst gereinigt, wofür wir auch mehrfach gelobt worden sind und es auch in der Referenz erwähnt wurde. Die tägliche Aussicht war ein Traum, Nachts konnte man die Sterne wunderbar betrachten und Sonnenauf- und –untergänge verursachten auch gerne mal ein Farbschauspiel.
Alonsi und sein Bruder erledigten die Farmarbeit und waren somit für die Zeit dort unsere Hauptansprechpartner, wobei sich seine Frau um das Organisatorische gekümmert hat und uns auch sporadisch nach einer Einkaufsliste gebeten hat. In diesen Wochen ernährten wir uns unglaublich gesund, da wir täglich von dem Gemüse aßen, was auf der Farm wächst und auch das zusätzliche Essen immer Bio und genfrei war.
Zu unseren Aufgaben in dieser Farm, die sich um die Erhaltung von historischen Samen kümmert, war natürlich die Gewinnung von Samen und diese für den Verkauf vorzubereiten. Hauptsächlich beschäftigte ich mich mit Tomaten, wovon es dort über 40 verschiedene Sorten gibt. Sie sind sehr darauf bedacht, im Einklang mit der Natur zu leben, sodass sie natürlich ihren Kompost haben, Abfälle wie Eierschalen weiterverwenden, ihr eigenes Anti-Insekten-Spray natürlich herstellen usw.. Wir halfen auch dabei eine Art Dünger aus Kuhmist herzustellen.
Während unserer letzten Tage in der Farm kam eine Kolumbianerin an. Sie beschloss dann allerdings mit uns wieder abzureisen, da es ihr dort sonst zu einsam gewesen wäre. Tatsächlich sahen wir Alonsi und seinen Bruder meist nur bei der Arbeit und Mercé nur, wenn es etwas zu klären gab. Wir genossen die Abgeschiedenheit in dieser malerischen Farm. Wenn man sich darauf einlässt, ist es unheimlich schön, ohne TV und Internet zu sein. Allerdings war es auf der anderen Seite auch etwas schwer, von jemanden abhängig zu sein, um mal weg zu kommen und an Essen zu gelangen vor allem, weil wir nicht wussten, wann wieder eingekauft wird.
Nach der Zeit in der Farm ging es nach Granada. Renatos Urgroßmutter kam von dort, sodass ihn dieser Ort interessiert hat. Neben der Erkundung der Stadt, besichtigen wir auch die Alhambra.
Die nächste Station war Sevilla. Hier hatten wir mit dem Wetter nicht so viel Glück, aber konnten trotzdem einen guten Überblick über die Stadt gewinnen. Eines der Highlights war wohl der Foodmarket, den wir zufällig entdeckt haben und wo wir uns ein wenig durchprobieren konnten.
Weiter ging es dann nach Salamanca, wo wir Renato mit vernünftigen wasserdichten Schuhen ausgestattet haben. Er hatte noch nie Schuhe getragen, die über die Knöchel gehen. Man hat ihm schon sehr angesehen, wie seltsam dieses Gefühl für ihn war. Hier machten wir eine sehr seltsame Entdeckung und so richtig habe ich noch nicht verstanden, warum dort so bunte Tauben herumfliegen.
Dies war die letzte Stadt in Spanien und der Einfluss von der arabischen Kultur war schon recht offensichtlich.
Nach Porto ging es zum letzten Mal mit einer Mitfahrgelegenheit, da blablacar in Portugal anscheinend noch nicht so stark genutzt wird. In dieser Stadt fanden wir jemanden über couchsurfing. Total verrückt, da es fast wie in einem Hostel war. In seiner Wohnung gab es kaum Möbel, aber dafür ziemlich viele Matratzen. Er erzählte mir, dass er während seiner Reise viele herzliche Leute getroffen hatte, die ihn häufiger aufgenommen haben und dass er auf diese Art gern etwas zurückgeben möchte. Er berichtete uns davon, dass er am Abend zu einer Veranstaltung geht, wo gemeinsam traditionelle Tänze getanzt werden. Es war ein riesen Spaß! Die Stadt hatte mich an dem Abend mit seinen Lichtern besonders verzaubert und ich habe es für mich zur schönsten Stadt bei Nacht ernannt. Porto ist durch einen Fluß getrennt und unser Host wohnte auf der Seite, die sich Gaia nennt. Hier wanderten wir Richtung Meer und erkundeten ein Naturschutzgebiet.
Wir bekamen auch eine weitere Zusage über couchsurfing und verbrachten die nächsten zwei Nächte bei Alex. Sie ist eine sehr beeindruckende und inspirierende Frau. Sich mit ihr zu unterhalten war eine unglaubliche Freude und danach sprühte ich vor positiver Energie.
Danach fuhren wir südlich Richtung Fundão, wo wir abgeholt worden sind, um eine Woche in einer Farm zu helfen. Das Häuschen, in dem die workawayer untergebracht werden, wurde erst neu renoviert und war sehr modern eingerichtet. Mittlerweile war schon Dezember und trotz milder Temperaturen war es etwas kühl. Wir konnten die Wohnküche mit einem Kamin beheizen und in den Zimmern hat die beheizte Matratze für Gemütlichkeit gesorgt. Neben uns war noch eine Mexikanerin mit ihrem erwachsenen Bruder und ihrer Tochter vor Ort. Die etwa 9-jährige Maus musste natürlich nicht auf der Farm helfen, aber sie machte ihre Schule im Eigenstudium / häuslichen Unterricht.
Zu unseren Aufgaben gehörten hauptsächlich, das Grundstück von den Mimosepflanzen zu befreien und diese zu verbrennen. Auch haben wir ein paar Bäume umgesetzt. In dieser Farm musste also auch ich mehr körperliche Tätigkeiten ausführen, wofür bei der anderen Farm eher Renato herhalten musste. Es war mir etwas zu anstrengend, aber auch eine interessante Zeit. Besonders schön fand ich neben der Erkundung des knuffigen Dörfchens, wo die Farm lag, eine Wanderung die wir in den Hügeln gemacht haben. Und toll war es, die Orangen und Mandarinen selber pflücken zu können, statt sie kaufen zu müssen. 😉
Vor unserem Flug nach Deutschland hatten wir noch ein bisschen Zeit in Lissabon. Hier fällt mir folgende Geschichte ein; wir wollten zum Aquarium “Oceanário” und wir hatten beschlossen, dort hin zu laufen, obwohl es 6 km entfernt ist. Dort angekommen, stellten wir fest, dass man laut der Winteröffnungszeiten nun nicht mehr rein kann…. Na ja…. also liefen wir wieder zurück und gingen am nächsten Tag wieder hin. Wir haben wirklich viel Zeit darin verbracht, sodass es gut war, dass wir noch Mal wieder gekommen sind.